Nun wissen Sie, wer Recht hat. Wie bekommt man aber Recht, wenn jemand nicht tut, wozu er verpflichtet ist? Grundsätzlich darf man sich nicht selbst helfen. Das wäre - unerlaubte - Selbstjustiz. Vielmehr muss der Staat zur Hilfe gerufen werden. Der Staat wird zunächst feststellen, ob tatsächlich ein Anspruch besteht (Erkenntnisverfahren, A.) und danach gegebenenfalls den Anspruch durchsetzen (Vollstreckungsverfahren, B.).


A. Erkenntnisverfahren

 

Bevor man sich in einem Streit an den Staat wendet, ist eine Alternative in Betracht zu ziehen: Hilfe durch nichtstaatliche Stellen. Also: Was ist zu tun, wenn rechtliche Probleme bestehen? Ganz klar: zunächst versucht man, mit seinem Gegenüber eine Lösung zu finden. Das kann wirtschaftlich sinnvoller sein, da Dritte nicht hierfür bezahlt werden müssen. Es kann aber auch psychologisch wertvoller sein, da die Parteien die Angelegenheit selbst regeln. Wenn das nicht klappt, muss man Hilfe suchen:


_____________________Hilfe____________________
______privat_______                                              ______staatlich______
Mediation  Schiedsverfahren                            Mahnverfahren  Rechtsstreit

 

Bei der Mediation werden die Parteien bei der Erarbeitung ihrer eigenen Lösung unterstützt. Der Mediator hat also die Rolle einer Hebamme: er unterstützt den Vorgang, der zum Ergebnis führt. Die Parteien erarbeiten die Lösung - unter seiner Mithilfe - selbst. Hier bleiben also die Parteien die Entscheider, was ein psychologischer Vorteil sein kann.

 

Beim Schiedsverfahren kann das Schiedsgericht die Sache mit einem Schiedsspruch entscheiden. Der Weg zu Gericht danach kann offen gelassen werden. Den rechtlichen Rahmen für das Verfahren geben die §§ 1025 - 1066 ZPO. Manchmal kann auch nur eine Empfehlung ausgesprochen werden. Für verschiedene Branchen sind solche Stellen ständig eingerichtet:
- Banken: Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband deutscher Banken, Postfach 040307, 10062 Berlin, Telefon 030 / 16633166, Telefax 16633169, www.bankenverband.de/ombudsmann
- Genossenschaftsbanken: Kundenbeschwerdestelle beim Bundesverband der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken, Postfach 309263, 10760 Berlin, www.bvr.de
- Grenzüberschreitende Streitigkeiten in der Europäischen Union: Deutsche Verbindungsstelle für Schlichtung Euro-Info-Verbraucher e. V. Europäisches Verbraucherzentrum, Rehfusplatz 11, 77694 Kehl, Telefon 07851 / 991480, Telefax 07851 / 9914811, www.euroinfo.com
- Kraftfahrzeuggewerbe: Schiedsstelle des Kraftfahrzeuggewerbes Region Stuttgart, Lombacher Straße 22, 70563 Stuttgart, Telefon 0711 / 78239918, Telefax 0711 / 78239916, info@kfz-innung-stuttgart.de info@kfz-innung-stuttgart.de
- Landesbausparkassen: Schlichtungsstelle der LBS, Postfach 7448, 48040 Münster, www.lbs.de
- Öffentliche Banken: Bundesverband Öffentlicher Banken Deutschlands (VÖB) Kundenbeschwerdestelle, Postfach 110272, 10832 Berlin, www.voeb.de
- Öffentlicher Fernverkehr: Schlichtungsstelle Mobilität c/o Verkehrsclub Deutschland e. V., Postfach 610249, 10923 Berlin, Telefon 030 / 4699700, Telefax: 030 / 46997010, www.schlichtungsstelle-mobilitaet.org

- Private Bausparkassen: Verband der privaten Bausparkassen e. V. Kundenbeschwerdestelle, Postfach 303079, 10730 Berlin, www.bausparkassen.de/htdocs/verbraucherinfos/ombud_set.htm
- Private Kranken- und Pflegeversicherung: Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung, Kronenstraße 13, 10117 Berlin, Telefon 01802 / 550444, Telefax 030 / 20458931, www.kv-ombudsmann.de
- Sparkassen: Schlichtungsstelle des Sparkassenverbandes Baden-Württemberg, Am Hauptbahnhof 2, 70173 Stuttgart
- Telekommunikation und Post: Bundesnetzagentur, Postfach 8001, 53105 Bonn, Telefon 030 / 22480500, Telefax 030 / 22480515, www.bundesnetzagentur.de
- Versicherungen: Versicherungsombudsmann e. V., Postfach 080632, 10006 Berlin, Telefon 01804 / 224424, Telefax 01804 / 224425, beschwerde@versicherungsombudsmann.de,www.versicherungsombudsmann.de; kann bis 5000 € Wert Streit für Versicherung - nicht für Versicherten - bindend entscheiden


Weitere Stellen und fortlaufend aktualisierte Daten bietet etwa die Homepage des baden-württembergischen Justizministeriums. Des Weiteren ist für die Wirtschaft die Deutsche Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS), für Fälle mit Auslandsbezug die Internationale Handelskammer (ICC) zu nennen. Auf internationalem Parkett sind auch der London Court of International Arbitration (LCIA) und die Schweizer Handelskammern von Zürich, Bern, Basel, Genf, Lausanne und Lugano hierin tätig.

 

Ansonsten sind die staatlichen Gerichte anzurufen. Aber die Gerichte welchen Staats? Es können nicht immer deutsche Gerichte in Anspruch genommen werden. Hier ist im Zweifelsfall nach internationalen Abkommen zu fahnden. Die wichtigsten sind die der EU-Staaten (vor allem das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen EuGVÜ) mitsamt dem europäischen Mahnverfahren. Besteht kein solches Abkommen, ist das deutsche Recht zu befragen. Die §§ 738 f HGB etwa geben Kaufleuten bei Schiffszusammenstößen hierauf Antwort. Gibt es keine spezielle Regel, ist einfach danach zu fragen, ob ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist (§§ 12 ff ZPO).

 

Schuldet der andere Geld und zahlt einfach nicht, bietet sich in Deutschland das Mahnverfahren (§§ 688 - 703d ZPO) als Mittel der Wahl an. Der geschuldete Geldbetrag kann noch so hoch sein, das Mahnverfahren bleibt zulässig; es muss sich aber eben um eine Geldschuld handeln. Zunächst ist Erlass eines Mahnbescheids zu beantragen. Hierfür braucht es ein Formular, das im Buchhandel zu kaufen ist. So sieht es aus:

Das Formular besteht aus 4 Blöcken:

  1. Antragsteller
  2. Antragsgegner
  3. Bezeichnung des Anspruchs
  4. Prozessbevollmächtigter des Anspruchstellers

Diese Gliederung kommt Ihnen bekannt vor? Sie folgt der Fragentrias: Wer verlangt von wem was woraus?

  • Wer? = Anspruchsteller = Antragsteller
  • Von wem? = Anspruchsgegner = Anspruchsgegner
  • Was woraus? = Anspruchsziel + Anspruchsgrundlage

Beim Ausfüllen beachten Sie bitte auch die Hinweise:

Der Antrag kann auch online heruntergeladen (Barcode-Verfahren) oder - mit elektronischer Signatur - direkt gestellt werden (www.mahnantrag-online.de). Dies ist zu empfehlen. Sie können Ihre Daten direkt eingeben. So entsteht kein Problem beim Einlesen - beim Schreiben auf das Papierformular kann das Programm manchmal die Handschrift nicht lesen oder die Schrift ist beim Drucken auf das Formular zu weit aus dem Kästchen gerückt. Zu beachten: für arbeitsrechtliche Geldforderungen braucht es gesonderten Antrag beim zuständigen Arbeitsgericht. Für die sonstigen zivilrechtlichen Geldforderungen ist das jeweilige Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Antragsteller ist. Allerdings können auch die einzelnen Bundesländer ein Amtsgericht für mehrere Amtsgerichtsbezirke zuständig erklären, so dass das computerisierte Mahnverfahren an einem Ort bearbeitet werden kann. So ist in Baden-Württemberg das Amtsgericht Stuttgart, - Mahnabteilung -, 70154 Stuttgart, für alle Mahnverfahren zuständig; also. Alle Baden-Württemberger schicken ihre Anträge im Mahnverfahren dort hin. Hier die zentralen Mahngerichte der Bundesländer, die ein solches eingerichtet haben:

 

          Bundesland: Mahngericht

  • Baden-Württemberg: Amtsgericht Stuttgart
  • Bayern:  Amtsgericht Coburg
  • Berlin: Amtsgericht Wedding
  • Bremen: Amtsgericht Bremen
  • Hamburg: Amtsgericht Hamburg
  • Hessen: Amtsgericht Hünfeld
  • Niedersachsen: Amtsgericht Uelzen
  • Nordrhein-Westfalen: Amtsgericht Euskirchen und Hagen
  • Rheinland-Pfalz: Amtsgericht Mayen
  • Schleswig-Holstein: Amtsgericht Schleswig
  • Sachsen-Anhalt: Amtsgericht Aschersleben

 

Ist der Antrag korrekt ausgefüllt, erlässt das Gericht entsprechenden Mahnbescheid.

Dem kann der Antragsgegner widersprechen, so dass die Sache doch in einem normalen Prozess verhandelt werden muss. Hierzu muss der Antragsgegner das hierfür mit gesandte Formular benutzen:

Widerspricht der Antragsgegner nicht, kann der Antragsteller 14 Tage nach Zustellung dieses Bescheids Erlass des entsprechenden Vollstreckungsbescheids beantragen. Hierzu muss der Antragsteller das ihm hierfür mit gesandte Formular benutzen:

Erst mit Erlass des Vollstreckungsbescheids kann der Antragsteller gegebenenfalls Vollstreckung betreiben. Der Antragsgegner hat zweimal die Chance, sich gegen die Bescheide zu wehren: einmal gegen den Mahnbescheid per Widerspruch, und das andere Mal per Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid. Tut er das, geht das Mahnverfahren in das streitige Verfahren über.

 

Das streitige Verfahren kann sein: ein Beweisverfahren (§§ 485 - 494a ZPO), ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz (§§ 916 - 945 ZPO), ein Urkundenprozess (§§ 592 - 605a ZPO) oder ein regulärer Prozess (§§ 253 - 510b ZPO).

 

Das Beweisverfahren bietet sich bei Bausachen oder Handwerkerleistungen an. Damit kann schnell mit gerichtlich bestelltem Sachverständigen etwa ein Mangel festgestellt werden.

Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz sind der einstweilige Arrest und die einstweilige Verfügung. Sie bieten sich an, wenn der Schuldner oder dessen Vermögen zu verschwinden droht.

 

Der Urkundenprozess lässt als Beweismittel nur Urkunden, also Gedankenerklärungen, in der Regel Schriftstücke, zu (Beispiele: ein Vertrag, eine schriftliche Abnahme, eine Quittung). Andere Beweismittel, etwa Zeugen, sind nicht zulässig. So wird der Prozess beschleunigt. Dem Beklagten steht frei, in einem Nachverfahren als regulärem Prozess die Angelegenheit noch einmal überprüfen zu lassen. Beispiel: der Beklagte wird im Urteil des Urkundenprozesses zu einer Zahlung verurteilt, da er kein Schriftstück vorlegen kann, das beweist, dass er bereits gezahlt hat. Im Nachverfahren kann dann ein Zeuge glaubhaft aussagen, dass gezahlt wurde; im Nachverfahren wird dann dass vorherige Urteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Im regulären Prozess (§§ 253 -510b ZPO) hat der Kläger zunächst eine Klagschrift zu verfassen. Hierzu muss er das zuständige Gericht als Adressaten des Schriftsatzes finden. Er muss die richtigen Anträge stellen, die sein Begehr formulieren. Und er muss diese Anträge begründen, also den Sachverhalt vortragen, der sein Begehr stützt, und für den Fall, dass der Beklagte bestreitet, Beweis erbieten. Der Beklagte hat nach Zustellung der Klagschrift darauf zu antworten.


B. Vollstreckung

 

Hat man einen Titel - eine Urkunde, anhand derer vollstreckt werden kann -, leistet der Unterlegene häufig dem Folge und erfüllt. Manchmal tut er das aber nicht. Dann ist an Vollstreckung (§§ 704 - 915h ZPO; ZVG) zu denken: Der Staat unternimmt es für den Gläubiger, den Anspruch durchzusetzen. Allerdings ist vorher die wirtschaftliche Überlegung anzustellen, ob dies Sinn macht: ob beim Schuldner etwas zu holen ist. Ansonsten scheitert die Vollstreckung - einem nackten Mann kann man nicht in die Tasche fassen - und der Gläubiger muss die unternommene Vollstreckung selbst bezahlen, da ja der Schuldner nichts hat. Man wirft dann dem schlechten Geld (das man im Erkenntnisverfahren zugesprochen bekommen hat, aber nicht realisieren kann) gutes Geld (nämlich das eigene, das man in die Vollstreckung investiert) hinterher. Das ist schlecht.

 

Es ist also zu überlegen, welcher Vollstreckungsansatz am ehesten zum wirtschaftlichen Erfolg führt. Hier sind grundsätzlich drei Ansätze sinnvoll: Vollstreckung in ein Grundstück des Schuldners (§§ 864 - 871 ZPO; ZVG), Vollstreckung in Forderungen des Schuldners (§§ 828 - 863 ZPO; etwa in dessen Bankvermögen, in sein Gehaltskonto beim Arbeitgeber, in Forderungen gegenüber Kunden des Schuldners, in sein Anwartschaftskonto bei seiner Rentenversicherung oder sonstiger Versicherung beziehungsweise Vermögensanlage wie eine Kapitallebensversicherung oder hinsichtlich eines Rückerstattungsanspruchs gegenüber dem Finanzamt nach erfolgter Steuererklärung) oder Vollstreckung in Mobilien des Schuldners (§§ 808 - 827 ZPO). Diese Vollstreckungsansätze setzen voraus, dass halbwegs gesichertes Wissen beim Gläubiger über die Vollstreckungsmöglichkeit besteht: Wo ist das Grundstück? Wie lautet seine Grundbuchbezeichnung? Hat der Schuldner Forderungen? Gegen wen? Ist hier nicht Konkretes zu ermitteln, hilft noch Vollstreckungsauftrag an den zuständigen Gerichtsvollzieher (§§ 808 - 827 ZPO). Hier genügt es, das Amtsgericht herauszufinden, in dessen Bezirk der Schuldner ist, und den Auftrag an das Gericht, - Gerichtsvollzieherverteilerstelle - , mit der Bitte um Weiterleitung an den im Bezirk zuständigen Gerichtsvollzieher zu senden. Der Gerichtsvollzieher sucht den Schuldner auf. Zahlt der Schuldner nun, ist alles in Ordnung. Ansonsten schaut der Gerichtsvollzieher, ob er Sachen mitnehmen kann, die bei Verwertung etwas für den Gläubiger erbringen. Im Übrigen nimmt der Gerichtsvollzieher - möglichst an Ort und Stelle - dem Schuldner eine eidesstattliche Versicherung über seine Vermögens- und Erwerbssituation ab. Anhand derer ist dem Gläubiger eventuell neuer Vollstreckungsansatz erkennbar.

 

Auch ausländische Titel können eventuell in Deutschland durchgesetzt werden. Gleiches gilt umgekehrt: die Vollstreckung eines deutschen Titels im Ausland. Hier ist zunächst zu fragen, ob die beiden Staaten ein entsprechendes Abkommen miteinander haben. Hier ist bei EU-Mitgliedstaten zuallererst an das Übereinkommen über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen EuGVÜ zu denken. Ansonsten ist § 328 ZPO anzuwenden.

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